„Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, taugt sie nichts.“
Albert Einstein
Banken, Sparkassen und andere Finanzdienstleister sind hierzulande oft wenig innovativ. Vor allem wagen sie sich nur selten in neue, vermeintlich unbekannte Märkte vor. Doch gerade solche neuen Märkte bieten attraktive Chancen für zusätzliche Erträge und über-durchschnittliches Wachstum. Mitunter enthalten sie allerdings auch erhebliche Risiken. Anhand einiger ausgewählter Beispiele werden interessante und attraktive Geschäftschancen vorgestellt.
Eine bislang noch überschaubare Zahl von kleinen Banken und Bankable-gern verspricht den Anlegern in bewusster Differenzierung vom Mainstream eine transparente, nachhaltige, ethisch und/oder ökologisch einwandfreie Geschäftspolitik. Gerade in der aktuellen öffentlichen Diskussion über die Geschäftspolitik und –praxis vieler großer Banken erlebt dieses Geschäftsmodell beachtlichen Zulauf.
Beispiele sind die von der Volksbank Eisenberg eG als Zweigniederlassung gegründete EthikBank, die GLS Gemeinschaftsbank (in der die frühere Ökobank aufgegangen ist), die UmweltBank AG oder die Steyler Bank.
Wie emotional nachgefragt diese Art von Banking ist, zeigt auch das Bei-spiel der Noa Bank, die sogar noch nach ihrer faktischen Schließung durch die BaFin starken Zuspruch in zahlreichen Internetblogs erfährt.
Die Noa Bank warb u.a. mit einem besonderen Maß an Transparenz, zu dem auch die intensive Nutzung von Web 2.0-Medien beitragen sollte. Insbesondere sollten die Anleger ein starkes Mitwirkungsrecht bei der An-lage Ihrer Spargelder haben und so die Ausrichtung der Bank aktiv mitgestalten können. Letztlich scheiterte die Bank an scheinbar fehlenden Anlagemöglichkeiten für die zu hohen Zinsen hereingeholten Kundengelder.
Ebenfalls auf das Web 2.0 baut auch die 2009 gegründete Fidor Bank: Of-fenheit, Transparenz, Authentizität und Dialogbereitschaft sind das ge-schäftspolitische Motto der Bank, die dafür auf eine eigene Web-Community setzt.
Auch wenn Kundenzulauf und nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg des Web 2.0-Banking noch nicht wirklich erkennbar sind: Es handelt sich um ernst zu nehmende Konzepte, denen seitens der etablierten Anbieter durchaus geschäftspolitische Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Fakt ist: diese Institute bedienen offensichtlich im Markt vorhandene Kundenbedürfnisse nach Transparenz und einer besonderen Form der Kundennähe und die beherrschenden Marktteilnehmer sind gut beraten, zu prüfen, wie sie diese Elemente in ihre eigenen Geschäftsmodelle integrieren können.
In angelsächsischen Märkten sind Reverse Mortgages schon lange etabliert und konnten auch der Finanzkrise erfolgreich trotzen. In Deutschland ist das Konzept bislang noch wenig bekannt. Vor rund 10 Jahren scheiterte die Dresdner Bank beim Versuch ein geeignetes Produkt zu generieren und seitdem hat sich kein großer Anbieter mehr in diese Marktnische vorgewagt.
Seit kurzem versuchen zwei Anbieter, einen Markt zu kreieren: Die Immokasse und die Investitionsbank Schleswig-Holstein. Noch sind die Erfolge überschaubar, angesichts der Tatsache, dass das Marktpotential auf bis zu 10 Mrd. Euro geschätzt wird und attraktive Margen locken, dürfte es jedoch nur eine Frage der Zeit sei, bis auch andere Anbieter auftauchen.
Ein Blick über die Grenze zeigt, wie man aus vorhandenem Know-how und neuer Technik ein attraktives Angebot zusammen stellen und damit einen neuen Markt eröffnen kann.
Während hierzulande die Direkt-Broker im permanenten Preis-Wettbewerb versuchen, sich gegenseitig das Leben schwer zu machen, geht die Nettobank einen neuen Weg. Die im Frühjahr 2010 gegründete Tochtergesellschaft der ältesten Schweizer Privatbank, des Bankhauses Wegelin & Co. AG, nutzt den anhaltenden Trend zu Online-Banking und bietet sogenanntes E-Private-Banking – individuelle Vermögensverwaltung per ETFs via Internet - an. Kostengünstige Verarbeitung, ein attraktives Preismodell und gute Produkte sollen dazu beitragen, einen neuen Markt zu erschließen. Die ersten Monate der Geschäftstätigkeit scheinen ermutigend zu verlaufen.
Angesichts des großen Anlegerinteresses, dass ETFs in den letzten Jahren erfahren haben, dem ungebrochen hohen Potenzial für Private Banking, der kontinuierlich wachsenden Online-Banking-Nutzung sowie der zuneh-menden Skepsis der Kunden gegenüber konventioneller Bankberatung dürfte es wohl nur eine Frage der Zeit (und des Mutes) sein, bis auch eine der deutschen Privatbanken ein entsprechendes Angebot lanciert.
Bei aller politischen Brisanz, die in der aktuellen Diskussion um das Thema Integration liegt: Hier liegen enorme Geschäftschancen für Banken und Finanzdienstleister. Ein herausragendes Beispiel ist die Bausparkasse Mainz. So regional der Name auch klingt, ein erheblicher Teil des Geschäftes wird mit türkisch-stämmigen Kunden gemacht. Die private Bausparkasse unterhält dafür einen eigenen bundesweit aufgestellten Vertrieb und Marktauftritt. Der Erfolg gibt ihr recht und bislang hat kein anderes inländisches Institut sich so konsequent auf diesen Markt ausgerichtet.
Auch wenn hier nur einige exemplarische Beispiele aufgezeigt werden konnten, sollte deutlich geworden sein: Neue Märkte für Banken und Fi-nanzdienstleister sind vielfältig und es gibt sie tatsächlich. Mitunter liegen sie „auf der Straße“, mitunter muss man sie suchen.
Aktivitäten in neuen Märkten mögen heute noch Nischen sein. Sie können sich aber rasant entwickeln und verdienen daher mehr Beachtung bei Banken und Finanzdienstleistern.
Oft ergeben sich neue Märkte aus der Kombination von Elementen be-kannter „alter“ Märkte. Meist, aber nicht immer bauen sie auf dem beste-henden Kerngeschäft auf.
Neue Märkte bieten zahlreiche interessante Ertrags- und Wachstumschancen für Banken und Finanzdienstleister, beinhalten mitunter aber auch erhebliche Risiken. Daher sind sie sorgfältig zu planen und durchzuführen.
Gerade bei Projekten in neuen Märkten, fernab des eigentlichen Tagesge-schäftes, kann eine qualifizierte externe Begleitung erhebliche Vorteile erbringen.
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